Zivildienst in Ecuador
  Ecuador Abschlussbericht
 



Anderer Dienst im Ausland 2007/08
Puerto Quito – Ecuador
Martin Säurle

ABSCHLUSSBERICHT




Die Idee, den Zivildienst im Ausland zu leisten, stammte ursprünglich von meinen Eltern. Je mehr wir darüber gesprochen haben, je mehr ich überlegte und mit anderen darüber diskutierte, desto sicherer war ich mir, meinen Zivildienst in einem anderen Land zu absolvieren. Und so begann die Suche nach einer guten Stelle - wenn schon Ausland, dann richtig Ausland . Beworben hatte ich mich letztendlich bei einem Zivi-Projekt in Tanzania und eben bei Experiment für das Projekt „Fincas Tropicales“ in Ecuador. Nach deren Zusage ging es auch schon recht bald los.

Nach einem Vorbereitungswochenende in Bonn flog meine Maschine am 24. Juli früh morgens von Stuttgart ab. Aufgrund der Zeitverschiebung landete ich noch am selben Abend in Quito, wo mich meine Gasteltern abholten.
Verstanden von dem, was mir meine Gasteltern Teo und Luz erzählen wollten, habe ich nichts. Denn die paar wenigen Stunden, die ich noch zu Hause Spanisch gelernt hatte, reichten dafür natürlich lange nicht aus. Das Haus meiner Gasteltern in Quito war groß und prächtig. Im oberen Stockwerk hatte mein eigenes Zimmer – mit eigenem Bad.
Der Spanischkurs begann am 30. Juli morgens um 8 Uhr. Erst wurde ein Test gemacht, bei dem so ziemlich alle Zivis versagten. Wir wurden in Gruppen eingeteilt und schon ging´s los. Zusammen mit Tim, Martin und Julian war ich in einer kleinen Gruppe mit der Lehrerin Noemi. Die vier Wochen Spanischkurs waren sehr anstrengend. Lehrerin Noemi hielt das Lerntempo hoch - und wir machten ohne Murren mit. Denn im Gegensatz zur Schule in Deutschland wussten wir jetzt ganz genau, dass es für uns sehr wichtig sein wird, uns mit Leuten verständigen zu können. Morgens wurde uns das Spanisch eingetrichtert, nachmittags und abends hieß es Hausaufgaben machen und Gelerntes wiederholen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich eine neue Sprache doch so schnell lernen lässt.

An den Wochenenden war ich 3 Mal mit anderen Zivis unterwegs auf Reisen: Mit Valentin, Tobias R. und Lewe ging es für ein Wochenende nach Baños zu einer gigantischen Fahrradfahrt vom Gebirge runter ins Oriente und zum Party machen. Einmal fuhr ich mit Tobias K., Daniel, Tim und Gregor nach Otavalo, auf den bekanntesten Indigena-Markt in Ecuador. Dort wurde eingekauft und das Leben und Treiben der Händler beobachtet. An einem anderen Tag hatte sich eine große Gruppe der insgesamt 20 Zivis dazu entschlossen, gemeinsam den Pichincha (4794m) zu besteigen. Die letzten Höhenmeter waren extrem hart, zumal das Wetter am Ende nicht mehr mitspielte - aber wir haben es geschafft. Bei der Gruppe kam der Spaß selbstverstädnlich nicht zu kurz, zumindest nicht bis Max einen großen Felsbrocken ins Rollen brachte, was böse hätte enden können.

Am 25. August war es dann auch vorbei mit unserem vierwöchigen Spanischkurs in der Hauptstadt Quito. Morgens fuhr unser Bus vom Experiment-Haus ab in Richtung Puerto Quito. Wir waren alle etwas aufgeregt, denn keiner wusste, was uns dort erwarten würde. Es handelte sich ja auch nicht nur um wenige Stunden, sondern um zehn Monate, die wir uns entschieden haben im Kanton Puerto Quito zu leben und zu arbeiten. Angekommen an unserem Einsatzort machten wir zuerst einen kleinen Rundgang durch das Dorf und den Fluss Caoní. Bei einer Veranstaltung der Feuerwehr wurden wir von der Bürgermeisterin, Lehrern und weiteren wichtigen Leuten des Kantons freundlich begrüßt . Zum anschließenden leckeren Mittagessen, das von unserem Koordinator Edwin Bustamante organisiert wurde, kam von meiner Gastfamilie nur Milton. Der war eigentlich gar nicht mein Gastvater, doch ist er der Ehemann der Tochter meiner wirklichen Gasteltern und hatte meinen gesamten Aufenthalt in die Wege geleitet.


Nach dem Mittagessen fuhr ich mit Milton zu meiner Gastfamilie in mein neues Dorf „La Abundancia“. Nach einer ordentlichen Steigung am Ende des Dorfes ging es links in einen Feldweg und schon bald waren wir bei meiner neuen Gastfamilie: Dubal (62), Rosita (54) und der kleine Enkel Sebastian, 5 Jahre. Auf deren Finca sollte ich die nächsten zehn Monate leben. Ich wurde freundlich von ihnen aufgenommen, es wurde mir das Haus und mein Zimmer gezeigt. Das Haus war groß und aufgeräumt, jedoch sehr einfach und spartanisch eingerichtet. Ein Eingangsbereich, die Küche und das Esszimmer lagen im Erdgeschoss, sogar ein Bad mit WC und Dusche war vorhanden. Im oberen Geschoss gab es neben dem Wohnzimmer drei weitere Zimmer. Eines dieser Zimmer war nun meines. Es stand ein Bett in der Mitte, ein Tisch, ein Plastikstuhl und ein Kleiderständer.
Nachdem das Wichtigste besprochen und das Haus begutachtet war und von mir als „einfach, aber klasse“ bewertet wurde, ging ich mit Dubal und Milton auf die Finca. Die Finca hat eine Fläche von 40 Hektar, davon sind 8 Hektar Regenwald, der Rest sind Kakaoplantagen, Kaffeeplantagen, große Weideflächen für unsere Rinder sowie die verschiedensten Frucht- und Gemüsesorten: Bananen, Orangen, Mais, Yuca und viele weitere leckere Früchte, von denen ich aus Deutschland noch nie etwas gehört hatte.

Rund um das Haus gab es einen schön angelegten Garten mit Pflanzen und Blüten in den verschiedensten Farben, hinter dem Haus stand der Wassertank für Bad und Küche sowie ein großes Auffangbecken, um dort die Kleidung zu waschen. Die beiden Hunde Rayo und Tigre sprangen vorbei, dazwischen unsere etwa 40 Hühner.

Eigentlich hatte ich mir das Gebiet noch viel ländlicher und mehr im Regenwald gelegen vorgestellt. Jetzt hatte ich es nur zehn Gehminuten zu der großen Straße, die Quito mit der Küste verbindet. Es ist also schon ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte.


In die Grundschule „Escuela San Francisco“ hatte ich etwa 20 Minuten zu Fuss zu gehen . Die Schule selbst machte einen eher dreckigen Eindruck. Die Kinder sind neugierig und interessierten sich sehr für mich. Auch wenn ich anfangs nur wenig von dem verstanden habe, was sie mir erzählen oder was sie mich fragen wollten, heiterten sie mich auf. Jetzt ging es also auch los mit dem Unterrichten. Die Frage, die sich nun stellte, lautete: „Wie??“ – Denn ich hatte ja keine Ahnung, wie ich das am besten anstellen sollte und mein Spanisch war nach nur einem Monat Sprachkurs auch noch nicht so toll. Beim Englischunterricht musste ich bei meinen Schülern praktisch bei Null anfangen. Das galt nicht nur für die unteren Klassen mit Schülern ab fünf Jahren, sondern auch für die Siebtklässler mit 12 Jahren. Mit den Kleinen zu arbeiten erwies sich schnell als sehr schwer, da sie teilweise auch nicht Lesen und Schreiben konnten. Die Schüler der Klassen 3 bis 5 zogen bei meinem Unterricht nicht besonders gut mit. Doch ab der Klassenstufe 6 und vor allem bei den Älteren ging das Lernen relativ schnell voran, auch wenn wir den Stoff oft wiederholen mussten.

Dienstags und donnerstags hatte ich morgens im Colegio zu unterrichten. Hier lehrte ich Englisch sowie anfangs auch Computer und Sport. Nach den großen Ferien im Februar wurden diese beiden Fächer durch Geschichte und Erdkunde ausgetauscht. Auch in diesem Colegio war der Wissensstand sehr gering und leider auch die Bereitschaft, für die Schule etwas zu lernen, Der Unterrichtsstoff im Englischen war mit dem einer weiterführenden deutschen Schule absolut nicht vergleichbar. Durch die schlechte Bildung der Eltern und - meiner Meinung nach - noch sehr steigerungsfähigen Ausbildung der Lehrkräfte waren für die Schüler viele simple und wichtige Daten und Zusammenhänge unbekannt und kaum zu verstehen.

Als guten Lehrer würde ich mich nicht bezeichnen wollen: Zum einen war ich nicht immer ausreichend vorbereitet, zum Anderen war ich wohl zu locker drauf und habe in den letzten Minuten des Unterrichts oft nur noch mit den Kindern gequatscht. Spaß gemacht hat mir die Arbeit in der Schule größtenteils trotzdem – und ich denke, meinen Schülern ebenfalls. Montag nachmittags bot ich den Schüler eine Jogging-AG an, bei der wir 30-40 Minuten unterwegs waren und danach meist noch eine Runde Fussball spielten oder einfach nur im Dreck gesuddelt wurde. Dienstags gab ich eine Englisch-AG für interessierte Schüler, Eltern und alle, die noch etwas Englisch lernen wollten.


Wenn ich nach der Schule am frühen Nachmittag nach Hause kam, war mein Mittagessen schon fertig. Ich musste es lediglich noch auf dem Herd aufwärmen. Meine Gastmutter konnte echt super kochen; es gab die unterschiedlichsten Gerichte und viel Fleisch. Nach dem Essen hatte ich mein Geschirr und die Töpfe zu spülen und kurz darauf fing auch schon die Arbeit auf der Finca an: Kakao ernten, Kakao hacken und zum Trocknen auslegen, Kaffee ernten, Unkraut mit der Machete umsensen, Wasser holen, den Garten pflegen waren Aufgaben, die ich jeden Tag zu machen hatte. Außerdem musste ich meine Wäsche waschen, neue Pflanzen und Bäume einsetzen, Zäune aufbauen, die Hühner füttern, Obst pflücken oder den Hof kehren. All diese Arbeiten machten mir Spass und ich arbeitete viel auf der Finca und rund um das Haus.

In den ecuadorianischen Schulferien half ich mit beim Wiederaufforstungsprojekt im Kanton Puerto Quito. 400 Sprößlinge eines Regenwaldbaumes pflanzte ich in Tüten und zusammen mit meinen Zivikollegen Tausende von verschiedenen kleinen Regenwaldbäumen in die Erde. Wir hoffen, dass die Ecuadorianer den Sinn der Wiederaufforstung richtig verstanden haben und nicht, wie von vielen befürchtet, die Bäume in einigen Jahren wieder fällen, um sie für teures Geld zu verkaufen.

In meiner Gastfamilie habe ich mich als Teil der Familie gefühlt, in den Schulen als anerkannter Helfer und bei der gesamten Bevölkerung als ein Freund. An vielen Wochenenden und an meinen Urlaubstagen reiste ich im Lang umher: Von Ibarra bis Cuenca, von Esmeraldas bis Guayaquil und von Lago Agrio bis Puyo. Es waren immer tolle Reisen, überall gibt es Interessantes zu sehen und zu erleben. Ecuador hat mit seinen komplett verschiedenen Regionen und Kulturen sehr viel zu bieten. Bei der lokalen Bevölkerung, mit der ich viel zu tun hatte, habe ich mich von Anfang an wohl gefühlt und ich hatte auch den Eindruck, dass mich die Leute akzeptieren. Nie gab es Ärger, immer wieder wurde ich eingeladen zu einem Abendessen oder beim Fussball mitzuspielen. Die „La Abundancianer“ sind klasse Leute, mit denen ich einfach ins Gespräch kam und die mich wirklich gut und freundlich aufgenommen haben.

Nach mehr als 11 Monaten Aufenthalt in Ecuador werde ich mich wohl noch oft und gerne an eine wunderschöne Zeit erinnern. Es hat sich gelohnt!


Schaut euch doch gerne nochmals meine schönsten Bilder an,
gleich hier links in der Navigation zu finden.

Danke fürs fleißige Mitlesen und eventuelle Einträge in meinem Gästebuch!
 
   
 
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