Praktikum bei der Deutschen Welthungerhilfe
in Waspán, Nicaragua
Miskitu Tawanka Pâwanka
Frühjahr 2011
desarrollo humano a través del fortalecimiento de las capacidades
de gobernanza territorial y productividad de comunidades miskitu
4. Mai
Am Sonntag bin ich mit Rose dann nach Leon gefahren, morgens hin und abends wieder zurück. Dort haben wir die Kathedrale und einige Kirchen besucht, günstig gegessen und dann teuer am parque central einen frischen Saft getrunken. Am Montag hatte ich mein Evaluationsgespräch mit dem Regionaldirektor Florian und wir verbrachten noch etwas Zeit im Büro und im Restaurant. Abends ging es dann noch Fußball spielen, was sehr sehr anstrengend war, da es 60 Minuten lang keine Pause gab und es ja immernoch relativ warm war.
Am Dienstag bin ich mit Rose dann nach San Juan del Sur gefahren, zum Pazifikstrand. Dort blieben wir gute zwei Tage und haben es uns gut gehen lassen, bevor wir dann von Freitag bis Sonntag noch auf die Isla de Ometepe gefahren sind. Dort wohnten wir in einem netten Hotel am Strand von Santo Domingo, schwammen im Lago de Nicaragua (viel größer als bspw. der Bodensee), gingen zu einer Quelle baden und bestiegen am Samstag den Vulkan Maderas (1394m), was sehr sehr anstrengend und heiß war und dessen Abstieg nicht mehr viel Spaß gemacht hat. Bei der Rückfahrt aufs Festland hatten wir ein kleines altes Schiff und der Wind war ziemlich stark, die Wellen hoch. Ich hab ein Schiff noch nie so wackeln sehen wie dieses, während der Fahrt dachte ich immer wieder es kippt gleich. Es ist auch jede Menge Wasser ins Schiff eingedrungen, sicher ein paar hundert Liter. Auch vom Oberdeck (also min. 3 Meter über Seehöhe) kam nach den größten Wellen das Wasser runter. Wir unten wurden also auch ordentlich nass, was auch den billigeren Preis im Gegensatz zur Hinfahrt erklären dürfte. Hat sehr viel Spaß gemacht die Fahrt mit dem alten Kutter!
Sonntag war ja schon den letzte Tag in Nicaragua, wir kamen in Managua an, hatten noch ein etwas teureres Hotel gebucht, haben lecker Pizza gegessen und haben den Tag genossen. Montag um 5 Uhr holte uns ein Taxi ab und es ging zum Flughafen. Nach Houston und komplett ohne Probleme (!!) kam ich dann am Dienstag gegen 13 Uhr zuhause in Stuttgart an.
23. April
Am Dienstag ging es ins Llano Sur, wo wir einige Gemeinden besuchten und beim Chef der kleinen Cooperative (Zusammenschluss der Bauern in den nahegelegenen Gemeinden) eine große industrielle Reisschälmaschine anschauen konnten. Eigentlich wollten wir früh wieder zurück nach Bilwi fahren, aber die Fahrt hat so lange gedauert, dann gab es noch was zu futtern und wir sind im Fluss baden gewesen. Bei der Rückfahrt mussten wir wieder die Fähre in Wawa Boom benutzen, um den Fluss zu queren. Blöderweise waren wir um 18.10 Uhr dort und zwischen 18 und 19 Uhr heißt es Abendessen bei den Arbeitern. Also eine Stunde gewartet und dann weiter. Auf der Fähre war außer uns nur ein Motorradfahrer und den haben wir eine halbe Stunde auch wieder getroffen. Blutverschmiert und halb tot. Eine kleine Brücke besteht aus Querstreben und zwei Längsbrettern für die Autos. Dort, wo die Brücke anfängt, ist in Straßenmitte ein Loch zwischen „Festland“ und der ersten Querstrebe und dort ist er im Dunkeln hängen geblieben und mitsamt dem Motorrad ins Wasser gefallen. Zum Glück kamen wir, denn danach ist wahrscheinlich kein Fahrzeug mehr gekommen. Der Mann hat am Kopf geblutet wie sau und war überall mit Blut und Dreck verschmiert. Wir haben ihn auf die Ladefläche unserer camioneta gehievt und dann schnell ins Krankenhaus nach Bilwi (noch etwa 1 Stunde Fahrt) gebracht. Das Motorrad blieb im Fluss. Wie es dem Kerl jetzt geht und ob er vielleicht sogar verstorben ist, keine Ahnung.
In Bilwi geht es diese Woche (semana santa, Ferien) ordentlich ab. Der Strand (vocana), wo wir noch am Samstag waren, wird von Leuten eines barrios besetzt, Zugang verboten. Andere Leute haben ein Haus abgefackelt und die Familie & Freunde schwörten natürlich gleich Rache. Bisher ist aber glaub noch nichts geschehen. Auf den Straßen und vor allem bei den Stränden wird ausgeraubt und überfallen was rumläuft. Taxifahrer werden bedroht und ausgeraubt. Viele trauen sich nicht mehr groß raus und auch ich blieb lieber daheim, bis wir am Freitag an einem privaten Hotelstrand kurz am Meer waren.
Am Mittwoch gings ins Llano Sur, dabei durch Sisin und über die Brücke Sisin. Die Brücke ist in den letzten beiden Jahren zwei Mal gebrochen, ein Mensch kam ums Leben. Und jetzt stehen die Männer wieder bereit, tun so als würden sie reparieren (was sollen sie denn groß reparieren mit ihren Macheten bei der großen Brücke?!) und kassieren ab. Bin mal gespannt, ob und wann die Brücke mal neu gebaut werden wird, denn dort sollen die Leute einfach nur korrupt sein.
Am Samstag morgens ging mein Flug nach Managua. Am Flughafen waren lauter jugendliche Amis, die mit ihrer Schule hier waren. Die Flugzeuge haben ja aber nur 12 Sitzplätze, also wurden einfach mal 3 Flugzeuge bestellt. Ich bin mit dem letzten geflogen und muss nun 2 Stunden auf die Ankunft einer hübschen Dame warten. Soweit also alles fresh.
18. April
Letzten Samstag war ich mit einigen Kollegen auf dem Sportplatz trainieren, denn im Mai gibt es im municipio ein Softball-Turnier, wo MISTAP als Mannschaft eingeschrieben ist. Leider hats keiner von den Mitarbeitern drauf und alle sind unsportlich und außer einer auch alle dick. Es wurde also Zeit, mal mit dem Training anzufangen. Viel ging natürlich nicht, jetzt wurde beschlossen, auch Promotoren vom Projekt für die Mannschaft spielen zu lassen, um nicht alle Spiele peinlichst zu verlieren. Ich hätte ja Bock auf das Turnier, aber ist halt erst im Mai.
Am Sonntag waren einige Kollegen und ich bei Jerry zum Schaf-Grillen eingeladen. Frischestes Fleisch, das Tier war noch keine 3 Stunden tot und schon saß es im Magen, aber danach hatte ich heftige Scheißerei... vielleicht lags auch am Wasser, aber an das Brunnenwasser hab ich mich ja eigentlich schon längst gewöhnt.
Danach bin ich am Sonntag noch durchs Dorf gelaufen an der Iglesia Morava Renovada vorbei. Meine Fresse, der Gottesdienst ist da echt so, wie man es im Fernsehen zu sehen bekommt. Ein kreischender Pastor, heftig laute Halleluja-Gesänge und die Leute irgendwo im All verloren. Die Kirche Iglesia Morava ist von den Böhmisch-Mährischen Brüdern ins Land gebracht worden und wurde im Laufe der Zeit liberaler, also hat sich die Iglesia Morava Renovada abgespalten, um den „Fanatismus“ wieder aufleben zu lassen. Total krank, zum Glück waren nicht allzu viele Kirchgänger dort....
Am Donnerstag saß ich an meinem Abschlussbericht, recht zufrieden bin ich damit nicht, aber was solls. Am Freitag ging es zu meiner letzten Reise nach Kuiwi Tingni, wo wir uns mit Frauen trafen, die kleine Souvernir-Produkte aus Holz und Pflanzen herstellen. Dabei ging es vor allem um die Vermarktung, die noch schlecht läuft. Bisher werden die Produkte nur in den Bussen verkauft, die an der Kreuzung nach Kuiwi Tingni halten. Viel bringt das natürlich nicht, deshalb wird geschaut, wo und vor allem wie die Produkte verkauft werden können. Abfahrt nach Kuiwi Tingni war morgens um 6, sodass wir vor 8 dort waren, noch mit den Frauen frühstücken konnten (natürlich Reis und Bohnen, und alle mit den Fingern). Ich bin dann schon früher mit einem técnico wieder zurück nach Waspam gefahren, um meinen Abschlussbericht nochmal zu verbessern, den ich dann dem Team vorstellen musste. Abends ging es noch auf Projektkosten ins Restaurant, um meinen Abschied und den Start in die Osterwoche (Ferien) zu feiern. So ging also meine Arbeit im Projekt zu Ende.
Ich war während meines Aufenthalts in Waspam in 21 Gemeinden unterwegs, in den meisten vormittags. Und in keiner einzigen Gemeinde gab es Schulunterricht für die Kinder. Das klappt hier absolut nicht mit der Schule, die Politik schert sich nicht drum, Lehrer und Materialien sind schlecht und rar, die Motivation im Keller und die Familien scheint es auch nicht sonderlich zu interessieren, ob es nun Unterricht gibt oder nicht. Allein in Waspam klappt das mit der Schule aber – wie schonmal geschrieben – ohne Stühle oder Bänke für die Kinder.
Den ganzen Tag über sieht man die Kinder rumtollen, spielen und Aufgaben für Familie und Haus erledigen. Spielzeug gibt es aber nicht. Einige Kinder haben ein kleines Plüschtier, aber Plastikautos, Bausteine oder Bälle findet man nicht. Eine alte Puppe ist schon fast das absolute Maximum, ansonsten müssen Tiere, irgendwelche Hausgegenstände und natürlich die anderen Kinder ausreichen.
Am Samstag ging es dann früh morgens mit der camioneta nach Bilwi. Die Straße wurde erst schön geglättet (finanziert von einer dänischen NGO), sodass wir relativ zügig voran kamen. Es ist schon krass, dass auf der Hauptstraße so gut wie kein Verkehr herrscht. 3 Stunden lang habe ich 5 Busse, einen Kleinlaster und eine camioneta gesehen, bis es dann kurz vor Sisin (ein größeres Dorf) mehr wurde. Nach Sisin gab es dann eine Straßensperre, die miskitu mussten mal wieder aufbegehren. Unser Auto wurde gestoppt, Männer stiegen auf die Ladefläche, andere tatschten an meine Fensterscheibe und gaben mir gar kein gutes Gefühl. Nach einige Minuten durften wir dann weiterfahren, mit 10 Männern hinten auf der Ladefläche, wo auch mein Rucksack lag. Da hatte ich schon Schiss und als sie ausgestiegen waren sagte mir einer unserer Mitfahrer, dass sie unseren Fahrer angewiesen hätten, mich rauszuschmeißen. So kann man auch behandelt werden als Ausländer... aber natürlich wurde ich nicht rausgeschmissen.
In Bilwi angekommen wurde ich dann ins Büro der Welthungerhilfe gebracht, das sich im Gebäude der Regionalregierung befindet. Das Büro ist komplett anders wie in Waspam und ähnelt mehr einem deutschen Büro. Groß, hell, mit Kühlanlagen. Hier sitze ich auch gerade und schreibe euch. Samstag Nachmittag bin ich mit Susana und Cristina (zwei Mitarbeiterinnen der Welthungerhilfe) zum Stadtstrand (la vocana) an der Karibik gelaufen, wo wir genau rechtzeitig zur feierlichen Eröffnung der Osterwoche (semana santa) ankamen. Viele tolle Tänze wurden vorgeführt, ein bisschen Politiker-Gelaber und dann wurden die Kandidatinnen für Miss Verano und Miss Chiquidita vorgestellt.
Am Sonntag bin ich mit den 4 Mitarbeitern der Welthungerhilfe hier und deren Familien zum Fluss Wawa gefahren, um dort den Tag zu genießen und ein Grill-Picknick zu machen. Es war sehr schön dort, hat lecker geschmeckt und danach war ich leicht rot...
Die Schwestern von Susana, der Welthungerhilfe-Mitarbeiterin bei der ich wohne, waren auch dabei. Die habe ich schon am Samstag kurz kennengelernt. Sie haben ein Imperium und sind die exklusiven Großhändler für Hühnerfleisch und Coca Cola. Haben also ein riesiges Lager voll Cola-Produkte, verkaufen 60 Tonnen Hühnerfleisch im Monat und verdienen ordentlich Cash. Dafür arbeiten sie aber auch 90 Stunden die Woche. Montag bis Samstag von 6 bis 20 Uhr, sonntags von 6 bis 12. Total krass und die sind wirklich alle von morgens bis abends dort. Zeit zum Geld ausgeben haben sie nur im Urlaub, wenn sie in die USA fliegen und dort ihr Vermögen ausgeben. Is doch total doof oder nich!? Ich find die Schwestern von Susana eh doof, führen sich auf wie die Kings und gehen mit anderen Leuten so rücksichtslos um, das geht mal gar nicht. Zum Glück ist Susana nicht so drauf wie der Rest ihrer Familie und auch mit Iverson, ihrem 9-jährigen Sohn, lässt sichs leben. Und dazu den beiden Bulldoggen und dem aggro-Schäferhund.
Heute sitze ich also im Büro, habe mir einiges über das Projekt, das es hier gab durchgelesen und auch die „Bewerbung“ für ein neues Projekt, das von der Europäischen Kommission und der Regionalregierung angenommen werden muss. Morgen geht es dann ins LLano Sur, um einige Gemeinden zu besuchen, am Mittwoch ins LLano Norte und am Donnerstag ist dann auch für und Schluss, nachdem seit Freitag eigentlich keiner mehr arbeitet. Am Samstag gehts mit dem Flugzeug zurück nach Managua.
9. April
Am Montag sind wir morgens um 5 mit dem Motorrad losgefahren Richtung Santa Ana. Unterwegs noch bei Simon (einem técnico) gefrühstückt und dann über Stock und Stein weiter gefahren. Eine Straße gibt es nicht, eigentlich fährt man auch mit dem Kanu nach Santa Ana, aber jetzt in der Trockenzeit geht gar nichts mehr auf dem Fluss. Also mit dem Motorrad. Herrje, das war ein schönes Gepoltere, den Motorrädern hat das sicher nicht gut getan. Aber egal, wir hatten unseren Spaß. Dort in Santa Ana hatten wir (die técnicos Samuel, Simon, Jerry, Alan und ich) die Aufgabe, den Promotoren aus Santa Ana und zwei weiteren Gemeinden zu zeigen,
- wie man organische Abwehrmittel herstellt und auf die Blätter sprüht, um Schädlinge fernzuhalten
- wie man Fallen aufbaut, um herauszufinden, welche Schädlinge unterwegs sind
- wie man schnell einen Komposthaufen macht
- wie man Schafe kastriert
- wie man Tier-Krankheiten erkennt
- wie man kranke Tiere impft und wie oft
- wie man einem Kalb Milch gibt, dessen Mutter gestorben ist
Früher sind kranke Tiere (eine ausgewachsene Kuh ist etwa 500 Euro wert!) einfach gestorben. Für nur etwa 40 Euro kann man jedoch die Tiere impfen, sodass sie wahrscheinlich wieder gesund werden. Die 40 Euro sind also ein super Geschäft. Selbst Kastrieren wollte ich nicht, die armen armen Schafe... aber schon interessant, vor allem auch wie große Eier die Viecher haben.
Übernachten wollten wir eigentlich draußen in der Hängematte, doch da es nachts eisig kalt wird und uns Promotoren eingeladen haben, in ihren Hütten zu schlafen, haben wir das Angebot dann doch angenommen. Als ich dann um 20 Uhr im Bett lag, noch nicht wirklich müde war und Musik hörte, bin ich raus um zu gucken was da ist. Am Nachbarhaus (die Hütten sind immer einige Meter voneinander entfernt) war eine Gruppe von Leuten, die mit Gitarren und selbstgemachten organischen Instrumenten und lauten Stimmen Musik gemacht haben. Insgesamt war der Abend eine sehr interessante Erfahrung, wie die Dorfbewohner ihren Feierabend ganz ohne Licht und elektronische Produkte gestalten.
Zu Essen gab es wieder viel zu viel in Santa Ana. Frühstück um 7, Erfrischung um 10, Mittagessen um 12, Erfrischung um 14 und Abendessen um 18 Uhr. Wäre ja ganz okay, wenn die Erfrischung ein kühler Saft mit Banane gewesen wäre. Aber nein, Erfrischung bedeutet warmer Milchreis oder Maisbrei und dazu ein Fruchtkuchen mit jede Menge Zucker. Eine flüssige Abkühlung wäre so toll gewesen, stattdessen gibt es warme Kohlenhydrate mit Zucker. Bah.
Abends nach der Arbeit bin ich mit den Kollegen und ein paar Promoten im Fluss baden gegangen. Total krass, wie warm das Wasser in dem (trotz Trockenzeit) doch relativ großen Flusses. Interessant war, dass abends das Wasser am Rand wärmer war als in der Strömung und am nächsten Morgen das langsam fließende Wasser am Rand kälter war als die Strömung in Flussmitte. Auf jeden Fall hab ich das Schwimmen noch lange nicht verlernt, ich wurde sogar 2. von 6 Schwimmern hehe. Lag aber glaub auch an der Taktik, in der Strömung extrem gegen die Strömung anzukämpfen, um nicht zu weit weggetragen zu werden. Denn die Strömung ist hammer hart und reißt dich mit, sobald man bis zur Brust im Wasser steht (zumindest an der Stelle, wo wir waren).
Am Sonntag saß ich im Restaurant und hab mir einen Saft aus der Flasche bestellt. Irgendwas ekliges steiniges war da drin. In Deutschland hätte ich es wohl vor lauter Vertrauen in die deutsche Industrie und Kontrollen runtergeschluckt. Hier in Nicaragua hab ichs direkt am Tisch einfach ausgespuckt. Hier juckt das ja auch keinen, im Gegensatz zu den Deutschen....
Seit Mittwoch sitze ich wieder an meinen Access- und Exceltabellen und arbeite an der Typisierung der 28 Projekt-Gemeinden. Wie viele Rinder, Hühner, Schweine etc. haben die Familien in den einzelnen Gemeinden? Wie viele Lehrer und Krankenschwestern gibt es? Wie viele Verkaufsläden? Wie oft konsumieren die Familien Rindfleisch? Fisch? Eier? Orangen? Avocados? Karotten? Wie viel Land bebauen sie mit Reis? Bohnen? Bananen?
„trabajo de pendejo“ nenne ich das, aber die Auswertung wird interessant. In welchen Gemeinden hat die MISTAP-Projektarbeit am meisten Fortschritt gebracht? Spielen Sicherheit und Diebstahl eine Rolle bei der Anzahl der Tiere oder beim Anbau von Produkten? Welche Gemeinden konsumieren übermäßig viel eines Produktes und könnten evtl. mit anderen Gemeinden Waren tauschen? Wo wird genug Obst und Gemüse konsumiert und wo müssten Gemüsegärten angelegt und Obstbäume gepflanzt werden?
3. April
Das Volumen von MISTAP hat 2 Millionen Euro zur Verfügung, davon 75% von der Europäischen Kommission und je 12,5% von der Welthungerhilfe und von IBIS Dänemark, der anderen NGO, die am Projekt mitarbeitet. Die Laufzeit ist 5 Jahre bis September 2011, danach soll mit einem Comité de Seguimiento (eine Gruppe aus Promotoren, Dorfführern) versucht werden, dass nicht alles was das Projekt in Gang gebracht hat sofort zum Stopp kommt, sondern dass die Arbeit einigermaßen weitergeht und die Leute im Kontakt zum Austausch bleiben.
MISTAP ist der größte Arbeitgeber im gesamten Gebiet hier mit 22 dauerhaften Arbeitern:
2 Codirektoren,
1 Methodenchef,
1 Administrator,
1 Sekretärin,
1 Verantwortliche fürs Lager,
1 Controllerin,
4 Trainer für Agrar- und Tierbereich,
3 Trainer für Soziales,
1 Trainer für Wald und Holz,
1 Putzfrau/Kopiererin,
3 Fahrer,
3 Wachleute.
Dazu kommen zeitweise freie Berater, Techniker, Architekten, Praktikanten etc., die für bestimmte Projekte auf Zeit eingestellt werden.
Nächste Woche war eine Besichtigung und Training in Layasiksa geplant, wo eine Firma Holz legal und nachhaltig abbaut. Das wäre die ganze Woche lang gegangen (mit langer An- und Abreise) und ein super Abenteuer gewesen, aber das wurde jetzt leider von der Firma dort abgesagt.
Morgen gehts dafür um 5 Uhr los flussaufwärts. Eigentlich fährt man mit dem motorisierten Kanu, aber da es seit Tagen keinen Tropfen regnet, heißt es jetzt mit der camioneta soweit wie möglich und dann noch etwa 2 Stunden laufen. Naja das erzähl ich euch dann nächstes Mal.
Die Woche war ich die ganze Zeit im Büro und habe 18.000 Daten in Access eingegeben. In den Gemeinden wurden 8 Umfragen ausgeteilt mit im Schnitt 10 Fragen drauf. Je Umfrage etwa 40 Blätter und das in 28 Gemeinden. Zum Glück war der Großteil der 89.600 Daten schon eingegeben und ich bin jetzt auch fertig. Am Mittwoch machen wir aus den Daten dann schöne Statistiken und Kreisdiagramme.
Gestern war ich im Fluss baden und hab mir dort endgültig ne Grippe eingefangen, die sich seit einigen schon leicht am Hals bemerkbar gemacht hat.
27. März
Ich schwitze und schwitze... aah wie heiß ist das denn hier?? Ich meld mich gleich beim wet-tshirt contest an ey
Bananen gibt es hier so gut wie nie reife. Eigentlich nur, wenn ein Lastwagen voll mit Bananen von woanders kommt und sie verkauft. Ansonsten gibt es hier nur grüne unreife Bananen. Anfangs dachte ich, dass es zurzeit einfach zu wenig Bananen gibt, unreife verkauft werden und reife von den Produzenten selbst verbraucht und an Freunde verteilt werden. Aber NIX, die Bananen werden hier alle unreif geernet, weil reife Bananen von Dieben geklaut werden würden. So läuft das hier. Jetzt in der Trockenzeit sind auch viele Hütten direkt am Fluss, wo in der Regenzeit auch der Fluss läuft. Auf dem fruchtbaren Land direkt am Fluss wird Gemüse angebaut, das sonst auf dem kargen Boden kaum wächst. Die Leute bauen sich da ihre Hütten hin, um stets bei ihren Anbauten zu sein. Warum? Dass es nicht geklaut wird.
Für die Tage hab ich eine neue Arbeit bekommen. Fragebogen, die von Personen aus den Projekt-Dörfern ausgefüllt werden, eintragen und schöne Statistiken draus machen. Der große Teil ist bereits fertig, interessant was man mit den Infos und dem Programm Access alles sehen kann.
Gestern hatten wir eine reunion mit fast dem gesamten Projektteam, nachmittags bin ich noch mit den técnicos des Río Arriba und Rudolf nach Bull Kiamp gefahren, um dort letzte Informationen zum Bau einer Fußgängerbrücke zu besprechen und den Standort zu besichtigen. Die Kosten werden für eine gescheite Brücke mit 43m Länge etwa 50.000 Dollar liegen, die Arbeit übernehmen die Dorfbewohner selbst, die Materialien werden bezahlt vom Projekt MISTAP. Vor Ort wird das dann koordiniert von einem Architekten. Der ist wohl sehr gut, aber auch ein Chaot. Der behauptet auch, dass Hitler vielleicht noch lebt und dass keiner weiß, ob es ein Morgen gibt.
Danach ging es noch kurz nach Leymus, dem Grenzübergang nach Honduras. Um aber nach Honduras einreisen zu können, muss man in Bilwi (etwa 5 Std. entfernt) fahren und dort seine Papiere und Stempel abholen. Dann kann man mit dem Kanu für 10 Cordobas offiziell nach Honduras einreisen. Von dort aus muss man wieder etwa 4 Std. nach Puerto Lempiras fahren, um auch dort Papiere und Stempel abzuholen. Der Grenzübergang in Leymus ist auch nur für Personen, nicht für Autos. Da in Puerto Lempiras allerdings die Wirtschaft gut läuft und die Preise deshalb höher sind, verkaufen einige Produzenten von hier ihre Waren nach Puerto Lempiras in Honduras. Dazu muss man also mit der camioneta oder dem Laster nach Leymus fahren, dort seine Waren mit dem Kanu auf die andere Seite transportieren lassen und dann auf der honduranischen Seite auf ein anderes Gefährt umwuchten.
Gestern Abend konnte ich endlich mal wieder schön in der Hängematte liegen. Da kann man so schön die dummen Geckos beobachten, die in der Nähe des Glühbirne Ausschau nach Beute (Fliegen) halten. Und wenn sich eine Fliege setzt, schnappt das Gecko danach. Die Trefferquote liegt allerdings bei unter 10%....
25. März
Am Mittwoch habe ich meine Arbeit an dem Heftchen zu Agrarprodukten und dessen Marktpreisen vollends erledigt und bin nochmal nach Kururia gefahren. Dort konnten wir auch gleich zwei Mädels aus Deutschland abholen, mit denen wir abends noch weggehen wollten. Aber da die ganze Stadt wieder ohne Strom war, hatten die Disco und die Bars nicht geöffnet. Also sind wir immer weiter gezogen auf der Suche nach cerveza. Zum Glück hatten wir Diolosia dabei, sonst wären wir geratzt gewesen. Im Dunkeln kam ein Mann auf uns zu, den Diolosia aber kannte und wir so weiter laufen konnten. Der Typ ist bekannt als Räuber und hat immer schön seine Pistole am Start. Damit hält er seine Opfer auf, pfeift seine Jungs ran, die dann eintrudeln und die Leute ausnehmen. Der Typ war wohl auch in Guatemala unterwegs als Guerillakämpfer, also abhauen oder wehren wäre wohl auch gefährlich gewesen. Aber was solls, Glück gehabt!
Am Donnerstag war ich mit Simon auf dem Motorrad die Straße flussabwärts gefahren, um den Gemeinden kleine Orangenbäume zu übergeben, die nebenher mit der camioneta transportiert wurden. Die Orangen sollen dann in die Gemüsegärten eingepflanzt werden, die von MISTAP unterstützt wurden.
Heute Freitag war Baumschule angesagt. Wie schneide ich meinen Kakaobaum? Promotoren aus dem gesamten Projektgebiet kamen in die Gemeinde Saklin, wir waren etwa 30 Leute insgesamt. Erstmal hat mich der Preis interessiert. Für eine libra (450g) trockenen Kakao gibt es 30 Cordobas (genau 1 Euro), also für das quintal (45kg) 100 Euro. Als ich 2007/08 in Ecuador war, war der Kakaopreis bei etwa 80 Dollar. In den letzten Jahren ist der Kakaopreis also extrem gestiegen, was auch an den Unruhen in der Elfenbeinküste (größter Kakaoexporteur) liegt. Also mit Kakao kann man richtig Geld verdienen.
Dann ging es also los mit dem Schneiden. Der schöne große Baum wurde total gekürzt. Ein einziger „Verteiler“ (ich weiß nicht wie das heißt, jedenfalls der Punkt im Stamm, an dem mehrere dicke Äste abgehen) soll bleiben, die Äste sollen nicht allzu steil nach oben gehen und auch nicht zu stark zur Seite ragen. Der Schnitt muss genau an der „Abzweigung“ liegen, damit nicht wieder ein neuer Ast entsteht. Die Blätter sollen sich nicht gegenseitig die Sonne wegnehmen, denn sonst wächst es dort nur unnötig in die Höhe, verbraucht Ressourcen und erschwert die Ernte. Der Kakao braucht immer auch etwas Schatten, sollte aber auch nicht komplett im Schatten stehen. Auf der Kakaoplantage sollten also immer auch größere Bäume als Schattenspender stehen. Nach dem Schneiden der Bäume sollen die abgeschnittenen Äste und Blätter um den Baum gelegt werden, um die verrottenden Nährstoffe direkt an den selben Baum zu geben. Ansonsten ist es natürlich immer gut, den Dung der Kühe einzusammeln und an die Bäume zu werfen. Wenn ich mal wieder nach Puerto Quito (Ecuador) kommen sollte, muss ich das mal Dubal erklären und hab dann gleich was zu arbeiten
20. März
So, jetzt möchte ich euch erstmal noch etwas Kultur zukommen lassen. Dieses Lied „wangki mairin – Mujer del Río Coco“ ist absolut der Hit hier... das dürft ihr natürlich nicht verpassen. Dazu gibts sogar noch tolle Bilder → http://www.youtube.com/watch?v=ZTePYTOHkLg
Ich hab mich schon öfter gefragt, wieso hier so viele Plastikstühle transportiert werden. Jetzt weiß ich es, die Schule hat keine Stühle und deshalb bringen sich viele Kinder ihre Stühle jeden Morgen mit in die Schule, um nicht auf dem Boden sitzen zu müssen. Vor ein paar Wochen kam zwar ein Lastwagen voll mit Stühlen für die Schule, aber da es wieder Zoff zwischen den YATAMA (politische Partei der miskitu) und FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional, also die Sozialisten an der Regierung) gab, dachten sich die YATAMA sie müssten mal wieder ein Zeichen setzen und ihre Besonderheit hervorheben. Also machten sie eine Straßensperre und verbrannten den Lastwagen. Obs was geholfen hat? Den Kindern jedenfalls nicht!
Nachher fahre ich mit Rudolf, seiner Freundin und Kindern nach Kururia zu zwei Deutschen, die dort ein Drogenprojekt haben, um deutschen Drogenabhängigen im Busch die Drogen abzugewöhnen. Da bin ich auch mal gespannt, was ich da zu sehen und zu hören bekomme.
Morgen fahre ich mit dem técnico Samuel mit dem Boot nach Wiswis, einer kleinen Gemeinde. Dort soll wieder ein Zaun errichtet werden. Dann übernachten wir dort eine Nacht in der Hängematte und fahren am nächsten Tag mittags wieder zurück.
Für mein Heftchen, das jetzt so gut wie fertig ist, habe ich in den letzten Tagen Informationen über Waspam, RAAN (das „Bundesland“) gesucht. Es ist unglaublich, wie unterschiedlich Informationen sein können und wie inaktuell doch die Internetauftritte sind...
Dann war ich noch in La Esperanza, wo wir das Projekt angeschaut haben und ich habe einen Tag am Frauen-Workshop teilgenommen. Das blöde ist halt, dass außerhalb des Büros alles auf miskitu abläuft und ich natürlich kein Wort verstehe. Die Kollegen übersetzen mir dann, aber nunja so toll ist das dann auch nicht. Ich sitze teilweise also nur dumm rum und hör/schau mir das an. Manchmal ist das dann etwas langweilig.
Die Leute auf der Straße sprechen mich meistens mit doctor an. Rudolf hat den Doktortitel und wenn halt der zweite chele (also ich) mit dem doctor rumläuft und wenn eh keiner checkt, was doctor bedeutet, dann muss ich also auch doctor sein. Erst habe ich versucht den Leuten dann zu erklären, dass ich kein doctor bin, aber inzwischen hab ichs aufgegeben. Hat ja auch was, jetzt stehe ich sozusagen über unserem geehrten Freiherr von und zu Guttenberg
13. März
Am Freitag fuhren wir mit den Direktoren des Projekts und mit Florian (Regionalleiter der Welthungerhilfe in Managua) in die beiden Gemeinden Wisconsin und Francis Sirpi. Dort wurde zusammen mit den Dorfbewohnern, den Promotoren und den técnicos diskutiert, was beim Projekt super funktioniert, was die Leute aus der Arbeit von MISTAP gelernt haben und was nicht gut lief bzw. was verbessert werden könnte. Bis es soweit kommt, muss sich aber natürlich jeder erstmal vorstellen, dann die Dankesreden und und und.... dann schaut man sich noch etwas an, das vom Projekt unterstützt wurde. In Wisconsin waren es eine Reisschäl-Maschine und Kleingärten, in Francis Sirpi war es wieder ein Zaun, der eingeweiht wurde. Zum Schluss gibt es dann wieder was zu futtern für alle.
Bei den Workshops und bei den Besuchen in den Gemeinden gibt es immer (viel zu viel) zu essen, ansonsten esse ich zum Frühstück Obst und Brot, mittags dann im Restaurant einen Riesenteller. Reis und rote Bohnen gibt es immer, dazu einen Salat (Kohl, Tomaten, Karotten, Gurken). Meistens noch Yuca dazu, manchmal auch Kochbanane und selten ein bisschen Kartoffeln. Als Fleisch gibt es meistens ein gutes Stück Huhn oder Rind; manchmal auch Schwein, Fisch oder Wild. Das Fleisch darf man sich im Restaurant auch selbst aussuchen.
Von den Geschehnissen in Nicaragua krieg ich leider fast gar nichts mit, da ich ja keinen Fernseher habe und es hier in Waspam auch keine Zeitung zu kaufen gibt. Das ist wirklich sehr schade, aber was kann man machen...
Viele Produkte, die hier verkauft werden, kommen entweder aus Bilwi oder aus Managua, das Dorf hier scheint also wirklich nicht sehr selbstständig zu sein und kriegt nicht viel auf die Reihe. Hier sind eine Menge internationaler NGOs, Strom gibt es auch eher nicht als doch und wie gesagt wird viel aus den Städten herangeschafft, um das Dorf zu versorgen.
Gestern war ich beim Friseur. Der Friseur hatte gerade gegessen, hat dann noch nen Schluck Wasser getrunken und hat dann gleich mit dem Schneiden angefangen. Ohne Händewaschen und mit einer Küchenschere. Das ganze vor zwei kleinen alten schmutzigen Spiegeln. Und das ist der beste Friseur in der Stadt! Andere haben einfach einen Tisch mit kleinem Spiegel an ihrer Hauswand und nen Stuhl. Herrlich
9. März
Am Montag ging es mit Jairo nach Miguel Patka zu einer feierlichen Einweihung eines Zauns. Und zwar haben in dem 136-Menschen-Dorf früher immer die Kühe das angepflanzte Gemüse gefressen. Geld für einen Zaun konnten sie nicht selbst aufbringen, deshalb fragten sie bei MISTAP nach und haben nun mehr als 2km Zaun finanziert bekommen und ihn dann aufgebaut. Jetzt können die Menschen dort problemlos und ohne Verluste ihr Gemüse anbauen.
Und das musste natürlich groß gefeiert werden. Es gab tolle Ansprachen auf miskitu, die ich natürlich nicht verstanden habe, aber egal. Dann wurde getanzt und es gab etwas zu essen. Zur Feier des Tages wurde eine Kuh geschlachtet, dann sofort zerhackt und auf den Grill geworfen. Hygiene ahoi, ich hatte mir den ganzen Vormittag nie die Hände gewaschen und die anderen Leute ganz sicher auch nicht.... wayne, es gab frischestes gegrilltes Rindfleisch mit Yuca, bevor es wieder auf die einstündige Rückfahrt nach Waspam ging. Der gesamte Weg führte wieder durch lichten Kiefernwald, zwischendrin hat man die Bäume brennen sehen. Im Auto lief Radio, erst ein Sender, auf dem die ganze Zeit langweilige und schräge miskitu-Musik lief und wirklich 10 Mal wiederholt wurde, dass Mutter und Tante ihrem Sohn zum Geburtstag gratulieren, schrecklich. Als dann der Sender gewechselt wurde war es wieder gut.
Dann saß ich noch den Nachmittag an meinem Heftchen und hab ein klein bisschen mehr Ordnung in das Chaos bringen können. Nach der Arbeit bin ich gleich nach Hause gegangen. Auf einmal war ein lautes Geräusch und das kam immer näher, bis irgend jemand an meiner Zimmertüre vorbei gelaufen ist. Da es ja wie jeden Abend kein Licht gibt, musste ich raus mit der Taschenlampe. Aber beim Öffnen der Tür kam mir ein Nebelschwaden entgegen. Da war wohl der Kammerjäger unterwegs und hat überall Insektengift versprüht, riecht sehr lecker...
Meine Allergie oder sonstwas, wo meine Augen und meine Ohren gebrannt haben und sich zwischendurch an Stirn und Hals wieder so weiß-rote Hubbel gebildet hatten, wurde gestern mit Bier weggespült. Ich war mit Rudolf und Freundinnen was essen und dann in der Disco.
HIER FEHLT EIN KURZER BERICHT, DEN ICH GRAD NICHT HIER HABE. WIRD DEMNÄCHST EINGEFÜGT
Am Abend konnte ich ewig nicht einschlafen, dann wurde mir heiß und kalt zugleich und ich hab gehört, dass irgendwas an meinen Plastiktüten rummacht und immer wieder unter meinem Bett rumrennt. Es war eigentlich klar, dass es sich nur um Ratten handeln konnte, von denen mir schon einiges erzählt wurde und die ich schon auf dem Dach rumrennen gehört habe. Aber ich hab mit meiner Taschenlampe ewig keine Ratten ausfindig machen können, einschlafen konnte ich so aber natürlich nicht mehr. Also immer wieder mit der Taschenlampe geschaut, bis ich sie gefunden habe die Drecksratte, und auch mein Brot, das ich am Vorabend essen wollte und gesucht hatte. Ziemlich groß die Viecher, aber zumindest sehen sie nicht so böse aus. Mit dem Licht der Taschenlampe sind sie dann erstmal abgehauen. So konnte ich den Rest (2/3 davon hatten die schon gefressen) vom Brot raus bringen und ich hab natürlich gehofft, dass sie dann auch nicht wieder kommen bzw. dann verschwinden (ich hab sie kurz nicht mehr gesehen oder gehört), aber dem war natürlich nicht so. Die ganze Zeit hab ich die Viecher unter meinem Bett (dort ist zwischen dem Boden und der Decke des unteren Stockwerks ein Freiraum von ca. 10cm) die Viecher gehört, wie sie rumgerannt sind und gequiekt haben. Furchtbar! Aber irgendwann nach 4.30 Uhr konnte ich dann doch – irgendwie – einschlafen.
Und um 7 musste ich ja schon wieder raus, um um 8 Uhr pünktlich beim Promotoren-Workshop zu sein. Nachdem es beim Workshop gestern um vor allem um die Nahrungsmittelproduktion ging, handelte es sich heute um Tiere und Frauenrechte. Es wurde also wieder heiß diskutiert. Von den Redensformen der Nicas könnten wir uns einiges abschneiden. Super Gestik, tolle Stimme und man merkt, dass die Leute überzeugt sind von dem, was sie sagen.
6. März
Es ist Samstag abend und ich lieg nackig auf meim Bett, dem Magen geht’s jetzt ganz gut, aber seit vorhin brennen meine Augen. Was das auch immer sein soll, hoffentlich ist es morgen wieder weg!
Wir im MISTAP fangen morgens um 8 Uhr an mit der Arbeit, haben dann von 12 bis 13.30 Uhr Mittag und dann geht’s nochmal bis 17.30 Uhr. Auch samstags wird von 8 bis 12 gearbeitet. Meine Hauptaufgabe derzeit ist die Editierung einer Recherche zu Preisen von Gemüse, die ein kleines Heft als Hilfe für die künftige Arbeit der Kleinbauern hier genutzt werden soll.
Pavel, ein „gestrandeter“ Tscheche kennt sich glaub sehr gut auf dem Markt aus und hat die notwendigen Informationen bereits besorgt und notiert. Die erste Seite beginnt so:
“Repollo.cca.217 cabezas de repollo Cada una tiene entre 4-7 lb que son en promedio 1194 lb de consumo en 1 semana+10% =1313 lb. El precio de la venta es 20 C$ por la lb que son 26.260,-C$ x 4 semanas hace 105.040,-C$ en mes.Solamente el gasto de pueblo de Waspam!
La compra es en Managua esta en esta temporada entre 5-6 C$ la lb=25 hasta 40 C$ por la cabeza, El precio baja hasta 12 C$ por la cabeza en la temporada de abundancia. Transporte de 1 saco pequeno que agara 8-10 cabezas cuesta 150 C$. Saco grande cca 20 cabezas cuesta 300C$ el traslado. Para trasladar 1 cabeza de repollo se gasta +- 15 C$ en transporte que hace subir en promedio 2,50 costo/lb En el bulto hace 3.283,-semanal solo por el traslado.
-Teoreticamente abastecer mensual todo el Mercado de Waspam de la produccion del municipio. Hace venta de su producto a precio de 6 C$/lb bulto brutto de 31.512,-C$.Si déjà todo vender a los negociantes,que ponen su ganancia 100%,como hacen con mercaderia de Managua,el pueblo gasta 63.024,-C$,pero este dinero se queda entre productor y negociante.La diferencia entre 105.040,- que hace 42.016,-C$ se queda en bolsas de pueblo de Waspam por no gastarlo por producto traido de Managua.Que significa grande benificion para toda la poblacion.”
Da steckt sehr alles drin, aber das alles wirklich zu verstehen, es auseinander zu pflücken, verständlich zu machen und in eine schöne Form bringen, das ist schon schwer. An dieser Arbeit sitze ich jetzt also schon einige Stunden dran und es wird noch sehr lange dauern, bis ich das gut erledigen kann.
Am Donnerstag war ich mit Pavel und Tito in den comunidades (den Projektdörfern rund um Waspán) unterwegs, um zu schauen, wie es mit dem Anbau läuft und Fotos für das Heft zu schießen. Einen Teil der Strecke zu einer kleinen Finca sind wir durch Kieferwald (ja, hier gibt es keinen tropischen Regenwald wie man meinen sollte, sondern Millionen von Kiefern) gefahren. Das sieht alles etwas komisch aus, da die Kiefern relativ alleine dastehen und sonst sehr wenig wächst. Es wird ein großer Raubbau betrieben, um das Holz zu verkaufen. Und die Wälder werden immer wieder abgebrannt; die großen Kiefern bleiben stehen, alles andere wird damit abgerodet. Was das genau für einen Sinn haben soll, hab ich noch nicht verstanden. Dabei konnte ich mich in den Dörfern umschauen. Es waren natürlich gleich wieder tausende Kinder da, weil ein Auto und ein Weißer (mit Kamera) natürlich gleich was besonderes sind. In den Dörfern laufen alle Tiere frei herum. Kühe da, Schweine, Pferde und Hühner dort und die Hunde überall dazwischen. Scheißen tun die Viecher dann natürlich auch überall hin, sodass man etwas aufpassen muss wenn man zwischen den Hütten durchläuft.
Auch in Waspán laufen die Tiere frei herum, Kühe erscheinen plötzlich vor der Bürotür oder man sieht sie, wie sie grad aus den Mülltüten oder den wenigen Mülleimern etwas rausfischen. Müll wird von den Miskitu einfach auf den Boden geschmissen, dann hallbherzig zusammen gefegt und dann irgendwann verbrannt. Toilettenpapier, Plastik und der ganze Müll werden mit halbwegs getrockneten Pflanzenresten verfackelt, was dann stundenlang schön lodert, raucht und stinkt. Heute am Samstag war wohl großer Mülltag und das halbe Dorf stank nach dem Rauch.
Gleich am zweiten Tag in Waspán wurde mir daheim mein Handy geklaut, als ich joggen war. Das hab ich dann auch Hermes, dem Chef mi Haus, erzählt. Bin mal gespannt, ob ich irgendwie wieder an mein Handy komme. Vorhin saß ich etwas in der Sonne und dann kam ein kleiner Junge (ich weiß nicht ob das sein Sohn ist, ein Neffe oder jemand von der Familie der Hausfrau) und hat gefragt, ob ich mein Handy wieder gefunden hätte. Nach meiner Antwort Nein hat er fast angefangen zu weinen, weil jetzt natürlich alle Druck von Hermes bekommen und ich mir hier in Nicaragua ähnliche Bestrafungs- bzw. in dem Fall Foltermethoden vorstellen kann wie in Ecuador. Werden wir ja sehen, obs was hilft. Auf jeden Fall wurde er dann wieder ruhiger als er gemerkt hat, dass ich genau sehe dass er gleich losheult. Das is nämlich so ein kleiner Rabauke, der mal ein richtiger macho wird... abends auf dem Flugplatz hab ich ihn dann auch mit den großen Jungs Fußball spielen sehen.
Alle hier sagen mir, man solle abends nicht alleine rausgehen, weil geklaut und überfallen wird ohne Ende. Ich fühl mich hier auch absolut nicht sicher. Allerdings hatte ich eigentlich schon vor, abends auch mal weg zu gehen... mal schauen wie ich das mache. Bei den miskitu hier ist Eigentum wohl kein Wert. Rechnungen werden gefälscht, Leute bestohlen. Aber naja ich bin hier ja auch im zweitärmsten Land ganz Lateinamerikas und dort in einer der ärmsten Regionen. Aber stolz sind sie auf sich, ihre Tradition und ihre Werte die miskitu.
Zum Essen muss ich immer ausgehen oder mir Kleinigkeiten kaufen. In den Restaurants gibt es immer riesige Portionen, immer mit Reis und roten Bohnen, manchmal Yuca oder Kartoffeln, dazu immer ein Kohl-Tomaten-Salat, Kochbanane, meistens ein Stück Käse und Fleisch nach Wahl. Davon wird man 3x satt und das macht es natürlich schwierig, einen geregelten Essensplan zu haben. Ansonsten kauf ich mir Obst oder Brot. Was ich hier sehr vermisse sind frisch gepresste Säfte. Die gibt es hier kaum, und wenn, dann sind sie verwässert.
1. März 2011
Am Samstag bin ich um 6 Uhr aufgestanden und habe Managua noch vor 7 Uhr in Richtung Granada verlassen. Laut Reiseführer ist Granada eine wunderschöne tolle Stadt, in der man unbedingt gewesen sein muss. Aber naja, so toll wars nicht. Ein schöner parque central und eine nette Straße vom parque bis zum See, ansonsten alte Kirchen, die von Außen ganz hübsch aussehen, innen aber absolut nichts bieten.
Am Sonntag war ich erst am Hotelpool chillen und bin dann um 15 Uhr mit Werner (Mitarbeiter der WHH) zu den Pussy Hash House Harriers gegangen. Diese Gruppe gibt es überall auf der Welt und soll Experts (ausländische Arbeiter in NROs) zusammenbringen Die Hash House Harriers veranstalten alle zwei Wochen eine Art Schnitzeljagd (Hash), dessen Spuren die Harriers in eigenem Tempo folgen. Am Ende wird jede Menge Bier getrunken. Es waren interessante Menschen dabei: die Geschäftsführerin der deutschen Handelskammer, Mitarbeiterin der deutschen Botschaft, ein Manager eines Goldminenunternehmens, NGOler aus aller Welt, ein arbeitsloser Philosoph, ein Rentner und ein alter Kanadier, der wohl im absoluten barrio wohnt und sich dort irgendwie rumschlägt. Interessanter Haufen =)
Angekommen auf der Landepiste in Waspán. Der Flug von Managua in einer uralt-mini-Maschine mit 12 Sitzplätzen dauerte ca. 90 Minuten, ich saß dabei direkt hinter den Piloten. Dann landeten wir mitten in der Stadt auf einer Sandpiste, rechts und links Häuser, auf der Landepiste sind direkt vor und nach der Landung die Leute unterwegs und Tiere streunen herum und suchen was zu Fressen. Straßen gehen quer durch die Landepiste, die dann eben für ein paar Minuten gesperrt werden. Ausgestiegen wird sofort, das Gepäck auch und man kann sich direkt 5 Meter vom Flugzeug ins Taxi oder auf ein Motorrad schwingen.
Ich bin zusammen mit Cristian geflogen, dort wurden wir von Rudolf, dem Direktor des Projekts MISTAP (Miskitu Tawanka Pâwanka – Entwicklung der Miskitugemeinden) und dem Fahrer Tito abgeholt. Es war sehr heiß und wir fuhren ins Büro von MISTAP. Ein kleines Haus, indem das Projekt das obere Stockwerk beherbergt und ca. 16 Mitarbeiter beschäftigt sind. Im unteren Stockwerk ist das örtliche Energieunternehmen drin. Ein eigenes Büro haben nur die beiden Direktoren Rudolf von der Welthungerhilfe und Jairo vom örtlichen Partner Waikuki Wal. Alle anderen Mitarbeiter haben nicht viel Platz in dem kleinen Haus.
Ich selbst arbeite mit sechs „técnicos“ (Mitarbeiter, die für die Projektarbeit in den 28 Gemeinden vor Ort zuständig sind) von MISTAP im Nachbarhaus und habe dort ein kleines Zimmerchen mit Tisch mit einem Kollegen.
Morgens geht die Sonne sehr früh auf, es wird laut auf der Straße und da man ja keine wirklichen Fenster hat, wacht man automatisch mit auf. Außerdem freut man sich schon auf die kühle Dusche, weil es auch morgens schon relativ warm ist. Den Tag über ist es sehr heiß in der Sonne, allerdings bläst auch immer ein ordentlicher Wind, der das Leben erträglicher macht.
Die Menschen in Waspán sind Miskitu, ein indigener Stamm hier im Nordosten von Nicaragua. Sie sprechen im Alltag in ihrer Sprache miskitu, sprechen aber auch perfektes Spanisch. Die Hautfarbe der Miskitu ist viel dunkler als an der Pazifikküste. Im Projekt wird Spanisch gesprochen, sonst sprechen die Menschen hier ihre eigene Sprache.
Nach der kurzen Besichtigung im Büro ging es weiter zu meinem kleinen Zimmer, in dem ich die nächsten Wochen wohnen werde. Ich wohne in einem abgetrennten Bereich im Haus von Hermes und seiner Familie. Ein Bett, ein Stuhl, ein Regal und sogar ein eigenes richtiges Bad mit Dusche und WC. Denn im Projektbüro gibt es nur Plumpsklos im Garten, Händegewaschen wird im Haus aus einem Wassereimer. Also war ich doch sehr froh über mein eigenes Bad. Allerdings funktioniert die Klospülung natürlich nicht. Die Dusche liefert so gut wie kein Wasser, der Strahl ist so stark wie wenn ich pinkle, obwohl ich überhaupt nicht pinkeln muss. Das Duschen dauert also seine Zeit....
Gleich am ersten Abend hatten wir auch kein Strom. „Lo sectorizaron“ hieß es. Anscheinend ist ein Stromgewinnungsteil kaputt und die Energie reicht nicht aus, sodass die Sektoren der Stadt abwechselnd vom Stromnetz genommen werden. Zum einen ist es gut möglich, dass ein uralt Stromgewinnerteil kaputt gegangen ist; man könnte sich aber auch vorstellen, dass die Leute vom Energieunternehmen den Diesel, der für die Stromgewinnung vorgesehen ist, weiter verkaufen und sich somit eine goldene Nase verdienen.
Waspán hat, wenn ich es jetzt noch richtig weiß, etwa 8000 Einwohner, ist also gar nicht so klein. Die Miskitu sind laut Erzählungen extrem faul und kriegen nicht allzu viel auf die Reihe. Die Preise sind allerdings relativ hoch, da sie wenig arbeiten und viel dafür verlangen. Sogar das Huhn, mein erstes Mittagessen, kam aus Managua (über 30 Std. Fahrt) importiert. Als ob Hühner nicht gut hier leben und gezüchtet werden könnten..... Die Kriminalität ist hier wohl auch nicht ohne. Aber vielleicht sagen die das auch nur wieder alle, dass man noch besser auf sich und sein Gut aufpasst. In Ecuador hab ich mich aber auf jeden Fall sicherer gefühlt.
chele
26. Februar 2011
Bin am Donnerstag, 24. Februar 2011, pünktlich um 21 Uhr in Managua gelandet und wurde von Christian, Logistik-Mitarbeiter der Welthungerhilfe, abgeholt und ins Hotel gebracht. Für den Preis von 23 Dollar pro Nacht hab ich mir was Ordentliches vorgestellt, doch irgendwie war es das doch nicht – klein, nicht so sauber und kein eigenes Bad. Eigentlich schnurzpiep egal, aber für das Geld dann nicht so toll. Immerhin gibt’s einen Pool im Backpackers Inn, ich allerdings wohne in einem anderen Haus und muss etwa 5 Minuten zum Haupthaus und Pool laufen. Die Welthungerhilfe übernimmt zwei der vier Übernachtungen in Managua.
Irgendwann bin ich am nächsten Tag aufgewacht, es war hell, heiß und laut und ich hatte keine Ahnung, wie viel Uhr es war. Also die enge Wendeltreppe von meinem Zimmer runter und die nette Putzfrau nach der Uhrzeit gefragt. 6 Uhr. Und ich war wach. Also gut, ab unter die erfrischende Dusche. Gegen 9 Uhr hat mich Christian abgeholt und wir sind ins Büro der Welthungerhilfe gefahren. Dort haben er und Florian, der Regionalkoordinator, mir einiges über sich und ihre Arbeit erzählt. Christian nahm mich mit zum Einkaufen. Wir brauchten einen Tresor und da es sich dafür um einen größeren Geldbetrag handelt, mussten wir erst drei Angebote bei unterschiedlichen Händlern einholen. Das dient der Transparenz und dem möglichst billigen Einkauf – und es hat sehr lange gedauert, bis die „Nicas“ uns ihre Angebote ausdrucken konnten. Letztlich haben wir dann einen Tresor gekauft und ihn gleich ins Büro gebracht. Dort konnte ich wieder einiges mit den Mitarbeitern sprechen und später ging ich mit Christian essen. Zurück im Büro habe ich interessante Dinge über Waspam, das Dorf in dem ich ab Montag arbeiten werde, mitbekommen. Abends um 6 war ich wieder im Hotel, habe mich gleich umgezogen und bin in den Pool gesprungen. Nun sitze ich an meinem Laptop und schreibe euch. Gute Nacht!